Als sie wieder zu Atem gekommen waren, eröffnete Felipe das Gespräch:
„Erzähl uns von früher. Bitte, Johannes!“
„Von früher? Was soll ich euch erzählen. Ich war nie so ein toller Fußballer wie ihr es heute seit.“
„Nein, das interessiert mich nicht. Hat man früher auch einfach Kinder ohne Grund erschossen?“
Johannes musste schlucken.
Die Direktheit von Felipe schätze er sonst, machte ihn aber erst einmal sprachlos.
„Weißt du, man kann meine Kindheit nicht mit eurer heute hier vergleichen. So viele tägliche Morde gab es damals nicht. Es kam vor, aber es war die Ausnahme. Kinder wurde auch von ihren Eltern geschlagen.“
„Was gibt den Erwachsenen dann bei uns heute das Recht, so zu handeln? In der Schule haben sie heute erzählt, dass vier Kinder einfach so mit dem Maschinengewehr erschossen wurden. Wer macht so etwas? Und Warum?“
Johannes dachte lange nach bevor er antwortete.
„Ich kann ich dir dies nicht sagen. Es grausam, feige und niederträchtig.“
„Müssen wir auch Angst haben, dass uns etwas passiert. Die Lehrer waren heute in der Schule richtig aufgeregt.“
„Nein.“
Dies sagte Johannes mit solcher Bestimmtheit, der keinen Zweifel zuließ.
„Ich werde auf euch aufpassen.“
Johannes wusste in dem Augenblick als er dies aussprach nicht, ob er sein Versprechen einhalten konnte. Er war bereit dazu. Dazu war er seit zwei Jahren hier. Und fürs Erste wollte er die Jungen einfach nur beruhigen.
Er nahm die beiden noch fester in den Arm und drücke sie besonders innig an sich.
Wo sollte das nur enden, dachte er. Und gleichzeitig: Ihr beide Juan und Felipe ihr werdet diesem Land ein anderes Gesicht geben. Ganz gewiss.
Johannes hatte sich in den Schatten gesetzt. Die Sonne war nach einiger Zeit hier im Hochland kaum auszuhalten, so warm sie.
Er sah Juan und Felipe weiter zu. Sie hatten ihr Spiel wieder aufgenommen. Er bewunderte sie und die anderen Kinder, die hier zurückgezogen, weit weg von der großen Stadt mit ihm lebten.
Es brauchte eine Tagesreise mit dem Bus bis in die große Stadt. Und doch, dies wusste er, war die Gefahr und die Bedrohung für die Kinder hier nicht geringer als dort.
Sechs Kinder waren es mit Juan und Felipe zusammen, die hier mit ihm in einem alten ehemals verlassenen Haus lebten.
Er hatte es mühsam über die letzten Jahre wieder bewohnbar gemacht. Die Nachbarn, allesamt einfache Landleute, hatten ihm dabei geholfen. Immer wieder kamen sie mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen an, die sie irgendwo her organisiert hatten. Sie schätzen ihn sehr und das, was er für die Kinder tat.
Die Kinder waren allesamt Opfer von Gewalt, anhaltenden Terrors und eines tragischen Unglücks.