Juan und Felipe setzen ihr Spiel mit dem Lumpenball fort. Während Johannes Ihrem fröhlichen Treiben beim Fußballspiel weiter zusah, liefen ihm Tränen über die Wangen. Er war ergriffen von der Wandlung, die Juan und Felipe in dem guten Jahr bei ihm durchgemacht hatten.
In den ersten Monaten nach seinem Weggang aus dem Kloster hatte er so manches Mal daran gezweifelt, dass sein Schritt der richtige gewesen war.
Es waren einsame Wochen und Monate voller Selbstzweifel. Die Arbeit am Haus, dass er verwahrlost vorgefunden hatte, hielt in aufrecht, ließ ihn morgens aufstehen und abends erschöpft auf seine Matratze fallen.
Der Kontakt zur Nachbarschaft stellte sich nicht sogleich ein. Er gab sich zunächst nicht als ehemaliger Ordensbruder aus. Anfangs zog er eher Misstrauen auf sich. Wer war dieser Fremde? Was wollte er hier?
Für die Nachbarn war es offensichtlich, dass er nicht von hier war. Schon sein Akzent machte dies deutlich.
Johannes war froh, dass er durch einen alten Freund aus der großen Stadt finanzielle Unterstützung erhielt. Es war nicht viel, aber es reichte zum Lebensnotwendigen – für Saatgut und kleine Dinge des täglichen Gebrauchs, deren Anschaffung unerlässlich schien.
Es war um die Osterzeit, als er regelmäßig abends, nachdem er einen alten Schuppen notdürftig hergerichtet hatte, in diesem eine Andacht zunächst alleine für sich abhielt.
Sein Gesang musste neugierige Nachbarn angelockt haben. Den direkten Fragen hatten er nichts mehr entgegenzusetzen.
So erzählte er von seinem bisherigen Leben als Prior in einem Kloster nahe der großen Stadt.
Das Verhältnis der Nachbarn zu ihm änderte sich schlagartig. Alles Misstrauen viel von ihnen ab.
Schon am nächsten Morgen, brachten die Ersten Einrichtungsgegenstände vorbei.
Als Johannes eines Abends nach der nun täglich stattfindenden Andacht von seinen Plänen, ein Rückzugsort für Kinder ohne Zuhause zu schaffen, berichtete, war der Bann endgültig gebrochen.
Unter den seinen Nachbarn wurde er fortan padre de los campesinos genannt.
Rückblickend hatte Johannes keinen Zweifel mehr an seiner damaligen Entscheidung, das Kloster zu verlassen.
Und wie er jetzt Juan und Felipe betrachtete, fühlte sich bestätigt und bestärkt, seinen Weg weiter zu beschreiten.
Es war nur acht Kinder, aber so etwas wie Vater für sie zu sein, fühlte sich gut an.
„Warum weinst du Johannes?“
Juan riss Johannes aus den Gedanken.
„Setzt euch zu mir, dann will ich es euch sagen.“
Beide nahmen nochmals neben ihm Platz.
„Wisst ihr, als ich euch gerade so glücklich spielen sah, habe ich zurückgedacht an die letzten beiden Jahre, vor allem an den Anfang hier. Und ich dachte mir, es war alles gut. Es war gut das Kloster zu verlassen, hierher zu kommen und euch Kinder aufzunehmen. Wisst ihr noch wie ihr eines Tages hier vor meiner Tür standet?“
Felipe wendete sich ihm zu.
„Wie könnten wir dies je vergessen! Du hast uns, als wir vor dir standen, angeschaut, als kämen wir vom Mond. Zugegeben wir sahen ziemlich abgefahren aus.“
„Abgefahren?“
Johannes lachte auf.
„Das ist noch nett ausgedrückt. Das einzige was nicht verdreckt an euch war, waren eure leuchten Augen. Es war ein totaler Wiederspruch. Euer Äußeres schrie all die Not heraus, die ihr erfahren habt. Aber eure Augen, kamen wie von einer anderen Welt.“
„Unsere Großmutter, hat uns oft gesagt: Es gibt in euch etwas, was euch niemand nehmen kann. Denkt daran in den schwersten Augenblicken eures Lebens. Als wir an diesem schrecklichen Tag von zu Hause flüchteten, habe ich immer wieder an die Worte meiner Großmutter gedacht. Und die Wochen und Monate bis wir zu dir kamen waren auch nicht einfach. Nicht immer trafen wir auf Menschen, die bereit waren uns zu helfen. Viele hielten uns für herumstreunende Diebe.“
„Ich bin so froh, dass es euch gibt und dass das Leben euch zu mir gebracht hat. “
Dabei nahm Johannes beide in den Arm und drückte sie lang und innig.