Der lachende Vogel III,IX

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Johannes saß an diesem Abend noch lange allein im patio. Er betrachte die sternenklare Nacht und ging seinen Gedanken nach.

Er war erstaunt, wie sich alles entwickelt hatte. Was aus dem verfallenen Haus geworden war und wie sich sein Leben verändert hatte, seitdem nach und nach die Kinder in sein Leben getreten waren. Er mochte sie alle sechs nicht mehr aus seinem Leben denken.

In ihnen hatte er eine gute Gesellschaft gefunden. Sie bereicherten jeden Tag seines Lebens.

Es war wunderbar für ihn zu erleben, wie die Kinder vieles, was er zu sagen hatte, oder ihnen mit auf den Weg gab, meist aufsogen wurde wie bei einem trockenen Schwamm. Wie viel mussten sie in ihrem bisherigen Leben entbehrt haben.

Er hatte keinen Zweifel, dass es richtig gewesen war, das Kloster zu verlassen. Gelegentlich hatte er daran gedacht, aber in letzter Konsequenz hatte ihm immer der Mut gefehlt.

Johannes sah eine Sternschuppe am Himmel fallen und wünschte sich etwas. Er brauchte nicht lange zu überlegen.

Als ins Haus zurückkehren wollte, versperrte ihm der lachende Vogel den Weg. Er saß auf der Fußmatte und schaute ihn wie gewohnt mit schräggestelltem Köpfchen an.

„Sieh an, was verschafft mir die Ehre. Ich hatte nicht mehr damit gerechnet, dass du je wieder auftauchst. Lang, lang ist es her. Das letzte Mal…“

„… war kurz bevor du dem Kloster den Rücken gekehrt hast und reiß aus genommen hast.“

„Reiß aus?“

„Wie sollen wir es denn sonst nennen, wenn du plötzlich kommentarlos für alle vom Boden verschwindest.“

„Nun ja, es gab nicht wirklich eine Alternative. Was hätte ich sagen sollen?“

„Die Wahrheit!“

„Was war denn damals die Wahrheit. Rückwirkend betrachtet könnte ich mehr sagen.“

„Aber es war doch absehbar, dass du dich auf den Weg machst. Dich hat damals so viel beschäftigt. Es war doch klar, dass dein Leben nicht so weiter verlaufen konnte. Irgendetwas musste kommen. Bruder Georg hat dies gespürt und dich mehrfach darauf angesprochen. Du bist aber stets ausgewichen.“

„Was heute nicht anders vorstellbar ist, war damals mehr als ein Wagnis für mich. Es war, als würde ich eine Tür öffnen, bei der nicht klar war, was mich dahinter erwarten würde. Ich hatte große Bedenken und habe den Schritt immer wieder hinausgeschoben. Nun bin ich hier und kann mir ein anderes Leben nicht mehr vorstellen.“

„Du hast vielleicht nicht das, was sich eine Zeit lang angedeutet hat. Ich dachte ein Zeit lang, du würdest deine Zukunft in einer Beziehung zu einer Frau suchen.“

„Kann gut sein… aber schon am Tag als ich das Kloster verließ, war klar, dass es dies nicht sein wird.“

„Nun bist du gewissermaßen glücklich alleinerziehend. Hut ab, du machst dich gut. Man könnte meinen, du hättest all die Jahre nichts anderes gemacht.“

„Gelegentlich kommt es mir auch so vor. Das Leben mit den Kindern erfüllt mich total.“

„Es ist den Kindern anzumerken, mit welcher Liebe du ihnen begegnest.“

„Diese Liebe fließt einfach aus mir heraus. Ich kann irgendwie nicht anders. Hier habe ich zum ersten Mal begriffen, was manche Theologen damit ausdrücken wollen, wenn sie sagen: Christus ersteht in uns auf und schreitet mit uns durchs leben.“

„Der durch das Leben schreitende Christus… eine schöne Beschreibung.“