Der lachende Vogel III,XIV

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Fernando schien noch über etwas nachzudenken.

Johannes sah ihn fragend an.

„Was haben Glauben und Vertrauen miteinander zu tun? Könnte man sagen, wenn du an uns glaubst, dann vertraust du uns?“, fragte er nach einer Weile.

„Nicht ganz. Wir sprechen zwar manchmal davon, dass wir an jemanden glauben und meinen, dass wir ihm etwas zutrauen. Im Grunde können wir aber nur an Gott glauben. Das Vertrauen in eine Sache oder einen Menschen ist etwas ganz Anderes.“

„Was denn?“, wollte Camila wissen.

„Nun ja, wenn ich über eine Brücke gehe, dann vertraue ich darauf, dass sie nicht einstürzt. Wenn ich mich mit jemandem verabredet habe, dann vertraue ich darauf, dass er auch kommen wird, d.h. einhalten wird, was er versprochen hat. “

„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, erklärte Juan.

„Woher hast du den das“, wollte Johannes wissen.

„Hat meine Großmutter immer gesagt, wenn mein Großvater abends in die nächste Kneipe loszog. Meist musste einer von uns nach einer Weile nachsehen, ob er auch dort angekommen war.“

„Ja, diesen Ausspruch kenne ich auch nur zu gut“, bestätigte Johannes. „Trotzdem frage ich mich, ob das Handeln deiner Grußmutter wirklich ein Zeichen des Vertrauens ist.“

„Das ist doch eher Kontrolle“, erklärte Felipe.

„Wenn ich euch Kindern vertraue, dann weiß ich gleichzeitig, dass ihr mein Vertrauen brechen werdet. Wenn ich akzeptiere, dass Vertrauen keine Form der Kontrolle ist, dann muss ich auch akzeptieren, dass ihr gelegentlich euren eigenen Weg geht, auch wenn wir anderes vereinbart haben. Für mich als euer…“

Hier hielt Johannes kurz inne.

„… Vater, nun sag es schon, es ist doch so“, ergänzte Luz.

„Also für mich als euer Vater, weiß ich, dass ihr nicht immer die Wahrheit werdet sagen können. Juan, denk an letzte Woche. Was hatten wir vereinbart?“

„Wir hatten vereinbart, dass wir Bescheid sagen, wenn wir woanders hingeben.“

„Richtig. Und was hast du gemacht?“

„Ich bin einfach los. Aber…“

„Du brauchst dich nicht entschuldigen. Ich weiß, warum du so gehandelt hast… vielleicht sogar so handeln musstest.“

„Ich hatte einfach vergessen, dir nach der Schule Bescheid zu sagen, dass ich am Nachmittag nochmals los will… Und dann stand Carlos mit dem Ball vor der Tür und bin einfach mit…“

„Ganz schön vertrackt das mit dem Vertrauen“, sagte Juan kopfnickend.

„Ja, gerade dann, wenn man aufgefordert ist, jemanden zu vertrauen, der das Vertrauen bereits einmal gebrochen hat. Dazu passt etwas, was eines meiner Lieblingsschriftsteller einmal gesagt hat: „Vertrauen wird dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird.“

„Nun, verstehe ich gar nichts mehr“, sagte Camila leicht frustriert.