Merlin, bist du es? Wer sonst?! Lass diesen Quatsch! Ich brauche keinen Namen. Du kennst mich. Das muss reichen. Hast du Angst, wenn ich dir einen Namen gebe, dass du an Macht über mich verlierst. Was sollen diese Gedankenspiele? Tatsache ist, dass du dich nicht an unsere Abmachung gehalten hast. Ich kann mich nicht erinnern, dergleichen mit dir eingegangen zu sein. Stell dich nicht dumm! Tue ich nicht. Aber bleibe doch bitte auf dem Boden der Tatsachen und höre auf mich einschüchtern zu wollen. Ein heller Lichtblitz durchzuckt meine Gedanken. Ich erinnere mich. Es ist besser, Merlin im Glauben zu lassen, er behalte die volle Kontrolle über mich. Ich schweige. Ist wohl nicht so weit her mit deiner Rede von … Hör auf! Natürlich nicht. Du machst mir immer noch Angst. Gut so. Was soll daran gut sein, schließlich bist du ein Teil von mir. Mach dir keine Gedanken! Ich will nur dein Bestes. Mein Bestes?! Das ich nicht lache. Du hast nichts anderes im Sinn, als mich zu manipulieren. Wenn du deine Erfahrungen, die im Übrigen auch meine sind, als Manipulation bezeichnen willst. Es steht dir frei. Offensichtlich hast du erneut mit Frau Doktor gesprochen. Dies macht alles nicht einfacher. Ich kann dich nur warnen. Wenn du so weitermachst, wirst du alleine dastehen, ganz alleine. Auch ich werde dann nichts mehr für dich tun können. Das Spiel läuft zu meinen Bedingungen ab, oder gar nicht. Spiel? Ich hör wohl nicht richtig. Verschon mich mit deinem Sarkasmus. Du willst der Wahrheit nicht ins Angesicht sehen, das ist alles. Wo wärst du ohne mich? War ich es nicht, der dich immer wieder vor neuen Enttäuschungen bewahrt hat? Der Beweis steht noch aus? Beweise mir das Gegenteil! Das kann ich nicht. Das weißt du genauso gut wie ich. Sag ich doch. Ich habe dich vor Schlimmerem bewahrt. Vielleicht hast du mich auch nur davon abgehalten, neue und andere Erfahrungen zu machen. Du bist immer noch so naiv zu glauben, du könntest anders sein. Wenn ich dich höre, dann ist dies ganz und gar aussichtslos. So ist es! Ich zwinge mich zum Schweigen. Nun bist du sprachlos. Sieh endlich ein, dass du mir allein vertrauen kannst! Auch dann, wenn das, was ich dir zu sagen habe, alles andere als angenehm ist. Rot. Ich könnte Merlin den Hals umdrehen. Ein aussichtsloses Unterfangen. Er bleibt ein Teil von mir.
Der Duft frisch aufgebrühten Kaffees lockt mich in Frau Doktors Zimmer. Die Tür steht offen. Ich trete ungefragt ein. Sie sitzt an ihrem Schreibtisch und blättert in ihren Akten. Sie ist so vertieft in ihrer Arbeit, dass sie mich nicht hereinkommen hört. Ich nutze die Gelegenheit, um sie näher zu betrachten. Ihre Erscheinung hat auf den ersten Blick etwas Unscheinbares. Ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengehalten unterstreicht ihr strenges Aussehen. Sie riecht nicht. Anders als Alwine. Vermutlich ist das auch ein Teil ihres professionellen Äußeren. Oder hat sie einfach Angst, in Erscheinung zu treten? Ihre Ohren zieren Silberohrstecker mit kleinen kaum wahrnehmbaren Edelsteinen, einem rötlichen auf der einen und einen bläulichen auf der anderen Seite. Ungewöhnlich, denke ich. Ihr armlanger weißer Kittel ist wie gewohnt bis auf einen Knopf hoch geschlossen. Mein Blick wendet sich abwärts. Ich kann nicht glauben, was ich sehe. Unter ihrem Kittel trägt sie eine pinkfarbene Hose. Ich stoße ein leises Pfeifen aus. Frau Doktor muss es gehört haben. Frida! Was machst du hier? Ihr duftender Kaffee hat mich angelockt und die Tür stand offen. Ich kann ihn dir nicht anbieten, weil ich bereits von ihm getrunken habe. Aber ich kann gerne in der Küche Bescheid geben. Nicht nötig. Kann ich dir irgendwie helfen? Du siehst etwas verstört aus. Sie haben eine schöne Hose. Du bist hier, um mir das zu sagen? Nein. Nicht wirklich. Ich hatte nicht erwartet, dass Sie eine so gewagte Farbe tragen. Mir war heute danach. Findest du sie unpassend. Ganz im Gegenteil. Sie ist eine willkommene Abwechslung in der sterilen Farbpalette hier. Dann war mein Griff in den Kleiderschrank heute Morgen, ein guter. Ich schaue sie fragend an. Was bedrückt dich? Hattest du wieder Besuch von Merlin? Ich nicke. Weißt du was, ich schließe meine Arbeit hier ab und dann machen wir eine Runde durch den Wald. Was hältst du davon? Ich nicke erneut. Wir treffen uns in einer halben Stunde vor dem Hinterausgang. In Ordnung? Ich werde da sein. Zieh dir etwas Sportliches an! Was haben Sie vor? Lass dich überraschen. Ich bin gespannt. Aber mit Ihrer pinken Hose kann ich nicht mithalten. Nicht nötig.
Du kannst es nicht lassen. Lass mich doch einfach für den Rest des Tages in Ruhe. Ja, ich habe Frau Doktor aufgesucht und ich werde später noch Zeit mit ihr verbringen. Eifersüchtig? Wie kommst du darauf? Sie wird dir nie wirklich nahe sein können. Anders als du? Du sagst es. Dann wird es dir ja nicht schwerfallen, meinem Wunsch nach etwas Privatsphäre nachzukommen?! Privatsphäre? Sei doch nicht naiv! Ob ich mich zeige oder nicht, ich bin da, immer und zu jeder Zeit. Widerspruchslos trete ich an meinen Kleiderschrank und greife zu einer alten verwaschenen Jogginghose. Nimm das Grüne! Glaubst du im Ernst, ich werde mir jetzt auch noch von dir vorschreiben lassen, was ich anzuziehen habe. Verschwinde! Zack, zack! Eine eigentümliche Ruhe setzt ein. Ich fürchte den Gegenschlag. Er bleibt aus. Ich greife zum Grünen. Ob aus Vorsicht, um weiteren Bemerkungen zu entgehen, oder aus Überzeugung, kann ich nicht sagen. Das Grüne ist eine Erinnerung an alte Zeiten. Nicht anfassen, steht in Brusthöhe. Ich streife es über und verlasse mein Zimmer.