Wie geht es dir? Ich weiß nicht recht, was ich antworten kann. Mir fehlen die Worte. Ich habe gehofft, dass es so ist. Ambivalent würde ich sagen. Ein Tanz der Emotionen. Gedanken und Gefühle, die kommen und gehen. Nichts, was wirklich Bestand behält. Verflüssigtes Sein!? So könnte ich es sagen. Die Starre ist geschmeidig geworden. Schwarz hat an Bedrohlichkeit verloren. Das Dunkel scheint nicht einfach hell zu werden. Die Gestalt, die sich mir nähert, bleibt mir verborgen. Ich kann sie nicht erkennen. Spüre ihre Kraft, eine Kraft, die mich überwältigt. Und diesen fürchterlich stinkenden Atem. Wer, nur wer war es, wenn nicht mein Vater? Er war es nicht? Ich weiß es nicht. Du zweifelst? Zum ersten Mal wirklich. Wenn der Same Kraft hat, wird er aufgehen. Sag, wie fühlt sich dein Körper an! Leicht. Wirklich leicht. Erstaunlich. Bei all dem, was mir durch den Kopf geschwirrt ist, kann ich es kaum glauben. Du bist in Bewegung geblieben. Darauf allein kommt es an. Darin liegt die heilsame Bedeutung des Laufens. Es gibt Dinge im Leben, die haben uns in die Starre geführt, haben uns denken lassen, es sei für alle Zeit besser, auszuharren, es würde sich nie wieder etwas an diesem Zustand ändern lassen. Die reale Gefahr liegt längst hinter uns und dennoch halten wir immer noch inne. Einst wollte der Körper laufen, davoneilen, im Fließen bleiben, hinaufeilen aus dem Abgrund, sich erheben zu neuen schwindelerregende Höhen. Doch etwas hielt uns zurück. Jedes Mal aufs Neue. Jahre vergingen, bis wir jede Aussicht auf ein dahinhüpfendes Ich verblasste. Zellen erneuern und teilen sich jeden Tag, aber nichts in uns streckt sich dem Leben entgegen. Das Leben scheint anderswo. Nicht für uns bestimmt. Schicksalhaft üben wir uns im Tragen, Ertragen. Ich könnte es nicht besser sagen. Es sind nicht meine Worte. Es ist das Zeugnis so vieler hier gestrandeter Seelen. Das Laufen hat mir gutgetan. Ich spüre meinen ganzen Körper. Ich lebe, trotz Schwarz, trotz dunkler Gestalten, trotz allem. Ich habe den Impuls, mich auszustrecken. Dem Leben entgegen. Und was noch beeindruckender ist, ich kann nicht einmal sagen, dass das Dunkle wirklich hinter mir liegt. Ich weiß, es kann mich jederzeit aufs Neue niederstrecken. Aber ich fürchte mich nicht länger. Ich weiß, ich kann mich in Bewegung halten. Schritt für Schritt. Ich muss nicht länger verharren. Das Leben ist anderswo, auch für mich. Dies fühlt sich schlicht und einfach wunderbar an. Bewahre diese Einsicht! Ich werde sie wie einen Schatz hüten. Ich bin so froh, hier zu sein. Ich habe immer gehofft, alles könnte nochmals anders werden. Heute weiß ich, es ist wirklich möglich. Das Laufen hat mir geholfen. Das freut mich. Und ich bin sicher, irgendwann wirst du deine Vergangenheit ganz hinter dir gelassen haben. Hoffentlich bald. Gib dir die Zeit, die du brauchst! Was sind einige Wochen hier im Vergleich zum Rest deines Lebens. Der stete Wechsel von Innehalten und Bewegung wird alle Starre in dir überwinden. Und vergiss nicht, die Gedanken laufen zu lassen. Denke, spüre die Starre! Dann gehe wieder in Bewegung, erfahre, wie du trotz allem voranschreiten kannst! Auch dem dunkelsten Schwarz kann die Macht über deine Zukunft genommen werden.
Erschöpft lasse ich mich auf mein Bett fallen. Ich spüre jeden einzelnen Muskel deutlich. Ich schließe meine Augen. Ich beginne, mich im Dreivierteltakt zu drehen. Reiche Menschen die Hand, lade sie ein zum Tanz. Halte fest und lasse los. Eile vom Einen zum Nächsten. Schaue in entspannte Gesichter. Rot. Wärme umhüllt mich. Ich lebe. Ich kann es kaum fassen. Ich lebe wirklich. Als ich die Augen wieder öffne, liegt die Faust meiner rechten Hand auf meiner Brust. Nicht weit entfernt, wo das pulsierende Herz schwach aber deutlich zu spüren ist. Intuitiv öffne ich meine Hand und balle sie sogleich wieder zur Faust. Unbekannter, zeige dich! Trete hervor aus dem Schatten! Ich will dir ins Angesicht schauen! Ich fürchte diesen Augenblick nicht länger. Meine Hand schmerzt. Erst jetzt nehme ich wahr, wie sehr ich sie zur Faust geballt habe. Meine Fingernägel haben sich in meine Handfläche gegraben und deutliche Abdrücke hinterlassen. Ich bin bereit. Ich werde für mich eintreten. Glaubst du wirklich? Sei doch nicht so naiv und lass dich von den Spielchen von Frau Doktor einlullen! Du überschätzt deine Möglichkeiten. So, wer hat dich um deine Meinung gefragt. Zum Teufel mit dir! Von dort komme ich. Du glaubst, dich über den Boden der Realitäten erheben zu können. Ich stehe sicher und fest. Es wird dir nicht gelingen, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Da wäre ich mir nicht so sicher. Wie steht es mit dem geheimnisvollen Unbekannten? Ich bin bereit. Er kann kommen. Die Mächte der Finsternis werden nie zu bändigen sein, welche Gestalt sie auch annehmen. Sei nicht so vermessen zu glauben, dir sei es möglich. Mächte der Finsternis? Ich kann nicht nachvollziehen, wovon du redest. Ich rede von einer realen Gestalt meiner Vergangenheit. Du wirst auch noch deine Grenzen erkennen. Hoffentlich ist es dann nicht zu spät. Wofür? Arrangiere dich! Versuche nicht zu ändern, was nicht zu ändern ist. Du wirst verstehen, wenn ich mich vorerst nicht an deine Empfehlung halte. Ich werde mich nicht aufgeben, ohne es versucht zu haben. Nur zu. Ich habe dich gewarnt. Ich will dich nicht aufhalten. Kannst du nicht.