Erleuchtete gegen den Klimawandel

Taizé - Frankreich Ostern 2007 (TR0032)
Kirchenfenster in Taizé

Liebe Konfirmanden,

Liebe Familien,

Liebe mitfeiernde Gemeinde,

als Menschen in der Nachfolge Jesu sind wir Erleuchtete. Dies möchte ich euch heute zu allererst sagen. Wir sind Menschen, die, wie ihr sagen würdet, den Durchblick haben. Kann das sein, werden Erwachsene nun fragen. Es kann doch nicht sein, dass ihr weiser seid, als wir, die wir alle doch mehr Lebenserfahrung haben. 

Seit Monaten sagen immer mehr junge Menschen, so nicht. Wir müssen etwas tun. Auf eure Weisheit können wir uns nicht verlassen. Die Friday-for-Future-Bewegung ist seit Wochen auf den Straßen. Jugendliche nehmen das Thema Klimaerwandel ernst, so verdammt ernst, dass ihre allwöchentlichen Demos für Unruhe auch bei den Parteien gesorgt haben. 

Ein Video auf YouTube sorgt in diesen Tage für zusätzlichen Wirbel und bereits fast 10  Millionen Mal angeklickt worden. Rezo veröffentlichte dieses Video am 18. Mai und geht mit den etablierten Parteien hart ins Gericht. Mich interessiert weniger die Parteienschelte, sondern viel mehr die von ihm bekannte und zusammengetragenen Fakten, z.B. zum Thema Klimaerwärmung. Vielleicht habt ihr in auch gesehen. Echt krass, könnte in mit euren Worten sagen.

Über Jahrmillionen war der Gehalt von CO2 in der Atmosphäre recht konstant. Erst in den letzten Jahrhunderten hat der Mensch vor allem durch das Verbrennen fosiler Energieträger wie Kohle, Öl u.a. dazu beigetragen, dass der CO2-Gehalt in der Luft deutlich angestiegen ist. Folge: Das Klima erwärmt sich. Einig ist man sich, dass das Klima sich maximal um 1,5 °C erwärmen darf, wenn nicht eine Spirale von irreversiblen Folgen vorangetrieben werden soll. Damit dies nochmals klar ist: Wenn wir heute nicht radikal etwas verändern, können wir in 10 Jahren noch so viel verändern. Dann ist zu spät. Die Klimauhr tickt. Wir haben dann die Erde schon dauerhaft kaputt gemacht. Alles Quatsch, sagen einige immer noch. Jedoch, wenn wir diese unumkehrbare Entwicklung aufhalten wollen, hat die gesamte Menschheit nur noch eine bestimmte Menge an CO2, die sie in die Luft ballern kann. Diese Menge hat man bereits berechnet. Wie schnell wir diese Menge aufbrauchen, ist unsere Sache. Wenn weiterhin nichts wirklich gravierendes geschieht, ist in knapp 9 Jahren diese Menge verbraucht. Das uns dann erwarten könnte, wollen wir uns alle nicht wirklich vorstellen.

Die Lage ist ernst. Vielleicht waren die Zukunftsaussichten noch nie so düster, wie heute. In knapp neun Jahren, ihr könnt euch ausrechnen wie all ihr dann seit, wo ihr steht und was ihr unter normalen Umständen für Vorstellungen an eure Zukunft haben würdet.

Das ist nicht nett. Schon gar nicht an einem Tag wie heute. Wo ihr, wie eure Eltern und Familien einfach nur feiern wollt. Mal alles vergessen und hinter sich lassen, was einem sonst den Tag verhagelt. 

„Es war eine furchtbare Zeit“, hat mir jemand in Erinnerung an seine Konfirmation 1941 gesagt. Damals waren vor allem weite Teile Europas von einem unsäglichen Krieg überzogen. 

Zeiten ändern sich… und doch ist der Mensch immer noch nicht so weise geworden, dass er mit den Bedrohungen angemessen umgeht. Und mit der Aufforderung an die Sonne, in diesen Tagen vor laufender Kamera geäußert, die Sonne solle einfach nicht mehr so viel scheinen, kommen wir nicht wirklich weiter.

In Taizé, einem unscheinbaren Dorf in Burgund, Frankreich, leben viele Hände voll Brüder, die dieses Dorf zu einem einzigartigen Ort auf diesem Planeten gemacht haben. Jedes Jahr strömen tausende von Jugendliche aus aller Welt dort hin.

In der Versöhnungskirche sind wunderschöne Kirchenfenster. Eines davon habe ich für euch auf diesem Programm abgedruckt. Es zeigt den verklärten Jesus.

Eines Tages veränderte sich sein Aussehen, als er begleitet von einigen Jüngern auf einem Berg zu Gott betet. Sein Gewand wird leuchtend weiß und an der Seite Jesu erscheinen die längst verstorbenen Propheten Mose und Elia. 

Christen, so hat Frère Roger, der Gründer von Taizé einmal gesagt, sind Erleuchtete. Menschen, die im Glauben eine Wandlung durchmachen. Menschen, die der Geist Gottes Dinge erkennen lässt, die sind, wie sie sind. So wie die Klimaerwärmung. 

Und diese Erleuchten, können nicht anders, als darüber zu reden. Anderen von ihren Erkenntnissen zu berichten und, wie bei der Klimaerwärmung das zu tun, was einfach dran ist.

Wenn ich mir eines für euch und euer Leben wünsche, dann ist es dies: Zeigt der Welt als Erleuchtete. Zeigt anderen, wo es langgeht? Widersteht den Erwachsenen dort, wo sie euch einreden wollen, dass alles, wie das mit der Klimaerwärmung nicht so schlimm ist.  Dass es reicht, wenn man einfach einige reflektierende große Sonnenschirme im All aufstellt würde und schon sei alles wieder in Ordnung. Ihr lacht!? Tut mir leid, aber das hat es schon einmal gegeben.

Ihr merkt schon. Christsein, ist keine Privatsache. Christsein, heißt Verantwortung übernehmen, für eine Zukunft, die für euch und Menschen, die euch folgen werden, gleichsam lebenswert ist. 

Vielleicht dachtet ihr bis eben noch, na ja, der Glauben ist etwas, was man in schweren Zeiten rausholt, wenn man nicht mehr weiter weiß. Ihr wisst schon, kurz vor der Mathearbeit, weil ihr doch nicht genug gelernt habt. Tut mir leid. So ist es nicht.

Frère Roger hat das abgebildete Kirchenfenster so beschrieben: 

Aber sie (also Jesus und die Jünger) müssen wieder vom Berg hinuntersteigen. Dies gilt für jeden Glaubenden: wieder hinuntersteigen, um in den Zerspaltungen der Familie der Christen und in den Rissen der Menschheitsfamilie Frieden und Versöhnung zu stiften, so dass durch das Licht Christi in uns auch ein Mensch, der nicht glauben kann, zur Hoffnung Gottes hingezogen wird, ohne zu wissen wie. (Fr. Roger, Jeder Tag ein Heute Gottes)

Diesen lebendigen Glauben, der sich mit den schlimmen Dingen im Leben beschäftigt, nicht wegschaut, nüchtern nachdenkt und das Gebotene dann auch tun, diesen Glauben wünsche ich euch. Heute und alle Tage eures Lebens! Einen Glauben der Berge versetzen kann. Damit auch den Klimawandel aufhält. Nicht weil Gott am Ende die Notbremse für seine Schöpfung und Geschöpfe zieht. Sondern, weil ihr das Angemessene dazu beitragt. Gott segne euch!“

Amen.

Nahbollenbach, 26.05.2019