Weihnachtspredigten 2019

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Zu lesen ist das, was schriftlich fixiert war, nicht das, was am Ende gesagt wurde, weil jeder Gottesdienst immer ein lebendiges Geschehen bleibt. So kam Loriots Weihnachten bei Hoppenstedts (https:// http://www.youtube.com/watch?v=jJH8sW3aYIY) zur Sprache, Ausdruck dafür, das Weihnachten immer voller Überraschungen ist und bleiben wird…

 

Heiligabend Kirchenbollenbach 

Liebe Gemeinde,
„Neue Männer braucht das Land“, sang Ina Deter Anfang der 80er Jahre und fügte hinzu „Neue Frauen hat das Land“. Die einen hielten sie für überdreht gar verrückt, die anderen sahen den Aufruf zu einem anderen Zeitalter.
Was damals auch als ein Aufruf der Frauenbewegung war, werdet andere ihr Männer, ist heute genauso aktuell wie damals. Weltweit sind es vornehmlich die Männer, die regieren, an den entscheidenden Stellen der Macht sitzen. Und die Frauen, ja ihnen versucht man immer noch die drei K’s schmackhaft zu machen: Küche, Kinder, Kirche. Frauen wehren sich mit wechselndem Erfolg gegen die alten Rollenmuster. Ja, es ist nicht mehr so undenkbar, dass Frauen auch Länder regieren. Aber ehrlich, wenn es hart auf hart kommt, dann suchen viele doch den starken Mann, einen der durchgreifen kann und vor nichts zurückschreckt. 

Weihnachten dürfen wir von einer anderen Welt träumen, Visionen von einer Welt entwickeln die so verschieden ist von der aktuellen, dass uns schwindelig werden könnte. 

Stellen sie sich vor, Ljubow Sobol, eine russische Opositionspolitikerin ist in einer Stichwahl gegen Putin zur neuen russischen Präsidentin gewählt worden. 

In der Türkei gelingt dies Canan Kaftancioglu, die lange für die sprachlosen Opfer im eigenen Land die Stimme erhoben hat.
In Syrien regiert Dima Moussa, die irgendwann für sich erkannte, dass es wichtig sei, Verantwortung für die Zukunft ihres Landes zu übernehmen und in einer von Assad einberufenen aber unterschätzen Wahl bereits im 1. Wahlgang als neue syrische Präsidentin gewählt wurde. 

Auf dem Abschlussfoto des letzten G 20 Treffens, der wichtigsten 20 Industrie und Schwellenländer sind erstmals mehr Frauen als Männer abgelichtet.
Spüren Sie einen Augenblick nach, was sich bei Ihnen regt. Spüren Sie etwas von dieser Energie, die jeden Aufbruch in eine neue Zeit fast apostheotisch überhöht. 

Hesekiel war der Sohn eines Priesters und gehörte zu jenen, die unter unter König Nebukadnezar II. in die babylonische Gefangenschaft geführt wurde. Er war Zeitgenosse des Propheten Jeremia. In Mesopotamien trat er als Prophet im 6. Jahrhunderts vor Christus über Jahrzehnte auf und hinterließ bis heute Spuren seines Wirkens. 

Hesekiel 37,24-28 

24 Und mein Knecht David soll ihr König sein und der einzige Hirte für sie alle. Und sie sollen wandeln in meinen Rechten und meine Gebote halten und danach tun. 25 Und sie sollen wieder in dem Lande wohnen, das ich meinem Knecht Jakob gegeben habe, in dem eure Väter gewohnt haben. Sie und ihre Kinder und Kindeskinder sollen darin wohnen für immer, und mein Knecht David soll für immer ihr Fürst sein. 26 Und ich will mit ihnen einen Bund des Friedens schließen, der soll ein ewiger Bund mit ihnen sein. Und ich will sie erhalten und mehren, und mein Heiligtum soll unter ihnen sein für immer. 27 Meine Wohnung soll unter ihnen sein, und ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein, 28 damit auch die Völker erfahren, dass ich der HERR bin, der Israel heilig macht, wenn mein Heiligtum für immer unter ihnen sein wird. 

Weihnachten greifen wir zurück auf alte Visionen, Vorstellungen von einer besseren Welt, die uns in jedem Fall glücklicher und zufriedener Macht. Die herbeigerufenen Helden, allzumal Männer, sind gottähnliche Wesen, die dem Volk, gemeint ist das Volk Israel, wenngleich in einer durchaus universal gedachten Bedeutung, eine nicht mehr enden wollende Zeit des Heils bringen werden. 

Viele Stellen, auch diese für den heutigen Heiligen Abend vorgeschlagene, lesen wir heute mit unserer Brille. Jesus von Nazareth ist unmissverständlich dieser Knecht Davids. In ihm haben sich alle Weissagen der alten Zeit erfüllt. Mit ihm bricht etwas Neues an: eine Heilszeit für alle Menschen. 

Ja, und wenn wir uns für einen Augenblick in uns versenken, die Augen geschlossen halten, ja dann spüren wir wieder diese Energie, die allein von der Vorstellung ausgeht. „So soll es sein!“ 

Ein anderer Prophet weiß zu berichten: „Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; man nennt ihn: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens.“ Jesaja 9,6

Weihnachten erhöhen wir vieles von dem, was sonst in unserem Leben am Boden liegt. Wir machen uns die Welt in Gedanken friedlicher, bunter, einfach schöner. Und manchmal gelingt es auch, diesen Traum wenigstens durch die Weihnachtstage hindurch zu tragen, bis, ja bis, Sie wissen schon… 

Auch wenn wir längst nicht mehr an den Nikolaus, den Weihnachtsmann oder das Christkind glauben, an Weihnachten verlassen wir für Augenblicke, Stunden und Tage die Welt des puren Verstandes und hängen einem Gefühl nach, dass uns sagt: „So soll es sein!“ 

Das Christkind komme zu uns und verzaubere uns. Einmal noch möchten wir für einige Stunden in Frieden beieinander sein. Möge unser Beisammensein von tiefen Gefühlen füreinander, von tiefer Zuneigung getragen sein, jenseits dessen, was uns sonst das Leben mietender erschwert. Und inmitten des Kerzenscheins werden Worte gesprochen, die wir uns lange schon ersehnt haben. Wir tauschen Gesten voller Innigkeit aus. Ja, mancherorts, versöhnen sich Menschen über die Gräber der heillosen Geschichte. 

Weihnachten lehrt uns aufs Neue auf unsere Gefühle zu hören. Sie sind so viel älter als unser Verstand. Wenn wir in diesen Tagen verstärkt Kerzen anzünden, der Magie des Kerzenscheins folgen, für einen Augenblick den Verstand ganz ausschalten, auch dann spüren wir die Energie, diese magische Energie des Anfangs, als Gott sprach: Es werde Licht!“ 

Mit Dorothee Sölle möchte ich sagen: Wir Menschen können uns eine zweite Welt erdichten. Wir haben diese Gabe, von etwas zu träumen, auf etwas zu hoffen, was es noch nicht gibt. Und wir dürfen bei diesen Gedanken weit über das Ziel hinausschießen. Wir dürfen uns in schwindlige Höhe erheben, weil wir an diesen Orten eine alles umfassende Energie spüren, die uns mit allem und jedem verbindet. 

Mögen uns andere für Träumer und Spinner halten. Laden wir sie dennoch ein, es uns an Weihnachten gleich zu tun. 

Träumen zu können, ist das größte Geschenk an Weihnachten. Schließen Sie für einen Augenblick die Augen und träumen Sie mit mir. Von einem harmonischen Beisammensein. Von Geschenken, die uns tief berühren und glücklich machen, weil wir spüren, dass jemand uns ganz persönlich beschenkt hat. Von Gesprächen die Freude am Leben, am Sein miteinander zum Ausdruck bringen. Von Zeiten des Schweigens, in denen uns wortlos so viel mit dem anderen verbindet. 

Und am Ende geht ein Strahlen über unsere Gesichter, unsere Wangen glühen und die Augen funkeln. 

Mit Worten des verehrten Paul Gerhards möchte ich enden: 

„Oh Sonne,
die das werte Licht,
des Glaubens mir zugereicht’, wie schön sind deine Strahlen!“ 

Amen. 

Kirchenbollenbach, 24.12.2019 

 

Heiligabend Dickesbach 

Liebe Gemeinde, 

Weihnachten dürfen wir von einer anderen Welt träumen, Visionen von einer Welt entwickeln die so verschieden ist von der aktuellen, dass uns schwindelig werden könnte. 

Die schönsten Weihnachtsfeste sind die, bei denen etwas Besonderes geschieht, etwas Unvorhergesehenes, die, wo sich in uns etwas verwandelt, vielleicht sogar etwas sich zeigt, von dem wir bis dato noch nicht wussten, dass es überhaupt existiert. 

Weihnachten heißt, die Hände öffnen und sich beschenken lassen, von lieben Menschen oder einfach vom Leben. Staunend sehen wir auf das, was wir in den Händen halten und fragen uns: Das ist für mich?! 

Was hält die Weihnachtsbotschaft, tief verborgen im heutigen Predigttext für uns bereit? Als versierte Kirchgängerinnen und Kirchgänger glauben wir zu wissen, was heute, wie schon letztes Jahr und all die Jahre kommen muss. 

Halten wir inne. Vielleicht werden wir überrascht, von dem was der Prophet Hesekiel uns zu sagen hat. 

Hesekiel, dies sei kurz angemerkt, war der Sohn eines Priesters und gehörte zu jenen, die unter unter König Nebukadnezar II. in die babylonische Gefangenschaft geführt wurden. Er war Zeitgenosse des Propheten Jeremia. In Mesopotamien trat er als Prophet im 6. Jahrhundert vor Christus über Jahrzehnte auf und hinterließ bis heute Spuren seines Wirkens. 

Hesekiel 37,24-28 

24 Und mein Knecht David soll ihr König sein und der einzige Hirte für sie alle. Und sie sollen wandeln in meinen Rechten und meine Gebote halten und danach tun. 25 Und sie sollen wieder in dem Lande wohnen, das ich meinem Knecht Jakob gegeben habe, in dem eure Väter gewohnt haben. Sie und ihre Kinder und Kindeskinder sollen darin wohnen für immer, und mein Knecht David soll für immer ihr Fürst sein. 26 Und ich will mit ihnen einen Bund des Friedens schließen, der soll ein ewiger Bund mit ihnen sein. Und ich will sie erhalten und mehren, und mein Heiligtum soll unter ihnen sein für immer. 27 Meine Wohnung soll unter ihnen sein, und ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein, 28 damit auch die Völker erfahren, dass ich der HERR bin, der Israel heilig macht, wenn mein Heiligtum für immer unter ihnen sein wird. 

Da fallen sie wieder, jene Schlüsselworte, die wir allzu gut kennen: Knecht Davids, Fürst, Bund des Friedens. In Gedanken ergänze ich Worte eines anderen Propheten: „Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; man nennt ihn: 

Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens.“ Jesaja 9,6 

Ja, so ist es immer, wir greifen beim Lesen zu dem, was wir kennen, bereits gehört haben.
„Du hörst mir gar nicht mehr zu“, hält eine Frau ihrem Mann entgegen. „Doch, doch“, entgegnet dieser. „Weihnachtsbaum, Kerzen und etwas Lametta sollte ich holen. 

„Und was war mit… ach, vergiss es. Du hörst einfach nicht mehr hin, wenn ich dir etwas sage.“ 

Menschen, die mehr und mehr den Eindruck gewinnen, dass man ihnen nicht mehr zuhört, hören irgendwann auf, noch etwas zu sagen. Schade eigentlich, denn sie haben immer noch etwas zu sagen. 

Wie genau haben wir gerade beim Verlesen des Predigttextes hingehört. Haben wir das Folgende auch bewusst wahrgenommen? 

„Meine Wohnung soll unter ihnen sein, und ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein“ 

Etwas versteckt spricht Hesekiel auch davon. Wir haben dies beim Hören eher leichtfertig beiseite gelegt. Es kommt doch nicht darauf an. Knecht Davids, Fürst und Bund des Friedens, ja darauf kommt es an. Und wir Prediger stürzen uns wie die Geier darauf und nehmen das bekannte Futter dankbar an.
Würden wir hinhören, ja würden wir öfter über das Jahr genauer wahrnehmen, was die Menschen im Auf und Ab des Lebens bewegt, dann würden wir uns nicht so zielsicher auf das stürzen, was all die Jahre wieder an Weihnachten vermeintlich zu sagen wäre. 

„Meine Wohnung soll unter ihnen sein.“ 

Was halten wir von Gästen, die sich selbst einladen? Sind sie uns nicht eher unangenehm. Aber hier lädt Gott sich nicht selbst ein. Im Vers davor heißt es: 

„Mein Heiligtum soll unter ihnen sein für immer.“ 

Gott will bei uns wohnen. Er will einfach dazugehören. Teil unseres Lebens sein, was er im Grunde ja von ihm aus betrachtet immer schon ist. Aber wir, wir leben die meiste Zeit des Jahres so, als ob dies nicht so wäre. Planen, ordnen und gestalten unser Leben, obwohl er jeden Tag bei uns am Tisch sitzt, immer neu versucht zu Wort zu kommen. 

Wir sind in dieser schnellen und Effizienz ausgerichteten Welt so sehr vorprogrammiert auf das, was wir längst wissen, dass wir das Gesagte bereits abgehakt haben, längst bevor es gesagt wird. 

„Du hörst mir nicht zu!“
Dies könnte Gott vielen von uns sagen.
„Einmal im Jahr kommst du daher und möchtest mich als Dekoration für dein Fest dazu holen. Dies ist mir zu wenig. Ich will bei dir wohnen. Jeden Tag. Ich will Teil deines Lebens sein. Mich mit dir freuen und mit dir weinen. Dir zuhören und dich aufrichten, wo du es brauchst.“ 

Was würde sich ändern, wenn wir täglich Gott Einlass gewähren würden? Oder anders gesagt: Wenn wir dem Gott in uns Raum geben würden? 

Es fehlt uns etwas, wenn Gott nicht real spürbar in uns Wohnung hält. Wenn wir ihn nur, weil es so üblich ist, Gott wie einen ungeliebten Onkel zu Weihnachten dann doch einladen, weil er halt zur Familie gehört. 

An Weihnachten scheiden sich die Geister. Allzu oft stehen wir selbst am Scheideweg, zwischen verklärter Wahrnehmung und dem was wirklich ist: 

Meine Wohnung soll bei dir sein! 

Zuzulassen, dass jemand bei uns wohnt, oder gar in uns Platz findet, dies verändert das gesamte Leben. Es ist ein Wagnis. Ich kann andere um Rat fragen, hören, wie sie es mit Gott halten, ob es gut ist, ihn ins eigenene Leben hineinzulassen. Aber am Ende müssen wir es selbst wagen. 

Ich wünsche Ihnen, dass Sie es wagen, Gott Einlass zu gewähren. Ihn hineinlassen in ihr Leben. An den strahlenden Sommertagen wie den verregneten Herbsttagen, wenn der Regen endlos scheint, wenn der erste Nebel sich wie ein Schleier im Tal und auf den Höhen verfängt. Dann, wenn die Tage voller Licht und Wärme, wie wenn sie dunkel, Ihre Nächte unruhig und Ihre Herzen kalt sind. Ich wünsche Ihnen, dass Sie dann etwas spüren von dem Licht, das uns alle heute erfüllt. Vielleicht ein Detail, das Ihre Seele anrührt und auf dem Grund Ihres Herzens weiterglimmt wie eine Glut, die immer neu entfacht werden kann. Das Flackern des Kerzenlichts vielleicht, eine Liedstrophe ein Blick, eine Berührung. 

Öffnen wir uns für die Gegenwart Gottes, lassen ihn ein in unser Leben! Amen. 

Dickesbach, 24.12.2019 

 

1. Weihnachtstag Göttschied 

Titus 3,4-7 

4 Als aber erschien die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands, 5 machte er uns selig – nicht um der Werke willen, die wir in Gerechtigkeit getan hätten, sondern nach seiner Barmherzigkeit – durch das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist, 6 den er über uns reichlich ausgegossen hat durch Jesus Christus, unsern Heiland, 7 damit wir, durch dessen Gnade gerecht geworden, Erben seien nach der Hoffnung auf ewiges Leben. 

Liebe Gemeinde, 

alle Jahre wieder freuen wir uns über die besonderen Feiertage, die geschenkte Zeit im Kreise der Lieben.
Alle Jahre wieder hören wir die frohe Kunde von Gottes Nähe zu uns Menschen, von der Geburt Jesu und von der Heilszeit, die mit seinem Kommen verbunden war. 

Alle Jahre wieder wünschen wir uns, dass die Erfahrungen von Weihnachten auf das ganze Jahr strahlen. Kontakte zu den Lieben und Freunden nicht abreißen, sondern sich übers Jahr vertiefen und zum Alltag werden.
Alle Jahre wieder haben wir die Hoffnung, dass mit dem neuen Jahr, die Welt eine andere, eine friedlichere und für alle Menschen bessere Welt wird.
Alle Jahre wieder nehmen wir die Absicht mit Gott mehr im Einklang zu leben mit. 

Alle Jahre wird schon im Februar klar, dass der Alltag längst eingekehrt ist, dass aus den besten Absichten nicht das Erhoffte geworden ist, dass die Welt keine bessere, bestenfalls immer noch die gleiche ist. 

Ich stelle mir ein Großelternpaar vor, das in den letzten Wochen und Tagen viel Zeit, viele Gedanken, viel Liebe darauf verwandt hat, alles für den 1. Weihnachtstag herzurichten. Seit vielen Jahren sind ihre Kinder der Einladung wieder einmal gefolgt, reisen aus der Nähe und Ferne mit ihren Familien an. Der Tannenbaum, den der Großvater im Wald ausgesucht hat, ist besonders schön gewachsen. Der Weihnachtsbraten ist vorzüglich geraten. Die Geschenke sind mit wunderschönem Geschenkpapier verpackt und mit knallroten Schleifen verziert. Sie liegen nun an ihrem festen Ort unter dem Tannenbaum, erkennbar für jeden an dem kleinen persönlichen Weihnachtsmann, der es den Enkeln leichter machen soll, ihre Geschenkecke zu finden. Nun warten sie sehnsüchtig auf ihre Lieben und sehen einigen unvergesslichen Stunden mit Freude entgegen. 

Unvergessliche Stunden werden es dann auch. Mit Tränen in den Augen liegen sie sich zum Abschied in den Armen und beteuern einander, bald wieder und nicht erst zum nächsten Weihnachtsfest von sich hören zu lassen. 

Wir ahnen wie es voraussichtlich dann doch kommt. Der Alltag nimmt die Kinder wieder so in Beschlag, dass kaum Zeit für einen kurzen Anruf bleibt. 

Alle Jahre ist das so, und wer anderes zu berichten hat ist gesegnet. 

Geht es Gott mit uns nicht auch manchmal so, wie jenen Großeltern, die nach einem gelungenen Weihnachtsfest, warten, dass der Kontakt sich endlich wieder einmal intensiviert? 

Erneuerung im Heiligen Geist, von der der Verfasser des heutigen Predigttextes spricht, worin kann sie bestehen? Erneuert sich bei uns etwas, wenn Weihnachten in der Familie oder in besinnlichen Momenten im Gegenüber zu Gott so verläuft, wie wir es uns erhoffen? 

Manchmal scheint mir Weihnachten eine Art jährlicher Konfirmationsjubiläumsfeier zu sein. Wie oft höre ich: Es war schön heute. Aber seien Sie mir nicht böse, wenn ich demnächst nicht so häufig in den Gottesdienst komme. 

Am Ende kann uns eine Erkenntnis helfen: Gut und heilsam bleibt trotz allem, was gut und heilsam für uns ist… auch oder gerade dann, wenn andere dies für sich anders sehen. 

Am Ende ist es doch unser Leben und Erleben, das bereichert wird. Wir fühlen uns beschenkt von Gott… und dies nicht nur an Weihnachten. Wir freuen uns über seine Gegenwart und Begleitung das ganze Jahr. 

Nicht immer und jeden Tag gelingt es uns, eins zu sein, eins zu werden mit Gott. Aber wir sind auf dem Weg. Wir öffnen uns, laden ihn ein. 

Juliana von Norwich, eine englische Mystikerin im 13. Jahrhundert hat gesagt: 

Wir freuen uns, dass Gott in unserer Seele weilt, und noch mehr freuen wir uns,
dass unsere Seele in Gott weilt.
Unsere Seele ist dazu bestimmt, 

Gottes Wohnstätte zu sein,
und die Wohnstätte unserer Seele ist Gott. 

Es ist groß, zu wissen,
dass Gott, unser Schöpfer, in unserer Seele wohnt.
Und es ist noch größer, zu sehen und zu wissen,
dass unsere geschaffene Seele in Gott ihr Wesen hat. Aus diesem Wesen, das in Gott ist, sind wir, was wir sind. 

Im Grunde, und dies ist eine der tieferen Weisheiten von Weihnachten, ist Gott in uns und wir in ihm. Mit Jesu Geburt musste dies noch einmal deutlich werden. Wobei wir, mit jedem Neugeborenen, das wir in den Händen halten es längst ahnen, gar wissen. 

Hören wir also einfach genau hin, wie Gottes Herz in unserem Herzen pocht! Amen. 

Abteikirche Göttschied, 25.12.2019