Unser Leben hält einen Sinn

Predigt zum Ostersonntag 

4. April 2021 

La Epifanía – Guatemala

Pfarrer Thomas Reppich

Liebe Gemeinde,

In den finstersten Stunden sehnt sich die Seele nach Licht. Wir spüren dies in schlaflosen Nächten besonders. Alles, was unserem Leben sonst Glanz und Bedeutung verleiht, scheint wie ausgelöscht. Das Vertrauen, dass das eigene Leben nochmals die Wendung zum Licht hin nehmen könnte, schwindet.

Das Osterfest ist für viele von uns verbunden mit einer grundlegenden Hoffnung: 

Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.

So rief es der Prophet Jesaja einst den im Exil lebenden Israeliten zu. Auch wir wünschen uns Licht. Unser Alltag möge heller werden. Wir möchten aufatmen können, uns aufs Neue von der Schöpferkraft des Ewigen aufrichten lassen. 

Als Christenmenschen sehen wir in Jesus den leuchtenden Morgenstern, ein Bild, dass sich erst nach Tod und Auferstehung bleibend in unser Gedächtnis gebrannt hat. So heißt es dann auch im 2. Petrusbrief im 1. Kapitel:

Schaut auf Christus, wie ein Stern, der in der Nacht scheint, bis die Morgenröte aufgeht und der Tag anbricht in euren Herzen. 

Das Licht einer Kerze hat etwas Schlichtes. Ihr Schein zieht uns an, ja macht uns glücklich. Wir erkennen in ihrer Schlichtheit etwas für das Leben Fundamentales. 

„Wäre uns bewusst, dass ein glückliches Leben möglich ist, selbst in dunklen Stunden …“, so beginnt Frêre Roger, der Begründer der ökumenischen Brüdergemeinschaft von Taizé und sagt weiter:

„Es macht ein Leben glücklich, wenn man sich immer mehr auf die Einfachheit einlässt: Einfachheit im Her­zen und in der Lebensgestaltung. 

Damit ein Leben schön wird, muss man nicht außer­gewöhnlich fähig sein, muss einem nicht alles leicht von der Hand gehen: Glücklich, wer es versteht, sich selbst schlicht hinzugeben. 

Geht die Einfachheit mit der Güte des Herzens ein­her, kann selbst ein ganz mittelloser Mensch um sich herum einen Raum der Hoffnung schaffen. 

Ja, Gott will, dass wir glücklich sind! Aber er lädt uns ein, nie untätig zu bleiben, nie dem Leiden anderer gleichgültig gegenüber zu stehen. Ganz im Gegenteil: Gott legt uns nahe, schöpferisch zu handeln, auch in Augenblicken leidvoller Prüfungen nicht untätig zu werden. 

Unser Leben unterliegt nicht den Zufällen eines dumpfen Schicksals. Durchaus nicht! Unser Leben hält einen Sinn, wenn es zuallererst lebendige Antwort auf einen Ruf Gottes ist.“

(Zitat: Ahnst du ein Glück?, in: Frêre Roger, Einfach vertrauen, 103f.)

Nach dem Zeugnis des Evangelisten begegnet Maria Magdalena dem Auferstandenen und bekennt: Rabbuni! Meister! Leider ist nicht überliefert, wie es Maria Magdalena nach dieser Erfahrung weiter gegangen ist. 

Frêre Roger hat auf die Frage, ob es ein Zeichen gäbe, an dem wir erkennen könnten, dass der Auferstandene auch uns begegnet sei, geantwortet:

„Du möchtest dem Auferstandenen nachfolgen – an welchen Zeichen kannst du erkennen, dass du ihm begegnet bist? Wenn die inneren Kämpfe dich auf den Weg zu ihm nicht verhärten, sondern zu den Quellen seiner Liebe führen. Dank dieser inneren Umwälzung stehen die Vorstellung, unnütz zu sein, die Einsamkeit, alles, was die Fasern der Seele brechen kann, nicht länger im Weg. Es kommt zu einem Durchbruch, der immer von der Sorge zum Gottvertrauen führt.“

(Zitat: Ein Zeichen, dass du ihm begegnet bist, in: Frêre Roger, Einfach vertrauen, 118)

Ostern ist Gottvertrauen. Ostern heißt, Gott trotz allem vertrauen. Als Erleuchtete lasst uns voranschreiten auf dem weiteren Weg durch unser Leben, voll Vertrauen auf den liebenden und uns je neu und wunderbar begegnenden Gott. Amen.